Chin-Na
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Was ist Chin-Na bzw. Qin Na?
"Chin" bedeutet im Chinesischen "zwingen" bzw. "greifen", "Na" bedeutet "kontrollieren" bzw. "halten". Es
handelt sich dabei um die Kampfkunst der Anwendung von Griff- bzw. Greiftechniken, Druck- und
Schlagtechniken sowie Hebeltechniken und beinhaltet, den Gegner zu packen, um durch Griffe, Hebel,
Zwingen, Verdrehungen usw. Kontrolle auszuüben. Je mehr Kontrolle über einen Kampf besteht, je größer
ist die Chance, den Kampf zu gewinnen. Chin-Na ist im Ausbildungsprogramm diverser Kung Fu Stile
enthalten und in den chinesischen Kampfkünsten seit Jahrhunderten bekannt. Das chinesische
Schriftzeichen heisst Qin Na.
Es gibt mehr als 700 standardisierte Techniken, die über
viele Generationen hinweg von erfahrenen Meistern des Kung Fu entwickelt wurden. Dennoch beruhen alle
unterschiedlichen Kung Fu Stile auf den gleichen Prinzipien. Nachfolgend ein Beispiel für eine von
verschiedenen Kung Fu Meistern empfohlene Systematisierung des Qin Na:
- Fen Jin - Trennen (Auseinanderziehen) von Muskeln bzw. Sehnen
- Cuo Gu - Verschieben von Knochen
- Bi Qi - Störung/ Blockierung/ Unterbrechen der Atmung
- Dian Mai (Dim Mak) - Zusammenpressen von Blutgefäßen
- Dian Xue (Dim Mak) - Pressur von Energiebahnen bzw. -punkten
Wie bei nahezu allen vorwissenschaftlichen Systemen ist auch hier eine gewisse Unschärfe der Kategorisierung auffällig, aber die Nützlichkeit der genannten Unterteilungen für das systematische Erarbeiten der Qin Na-Techniken ist offenkundig. So kann man aus dieser Systematisierung ableiten, daß die Techniken der Kategorien 1 und 2 Basismethoden darstellen, während Techniken des Atemblockierens Thema fortgeschrittener Praxis sind und Aspekte des Dim Mak wohl nur von Meistern der Kampfkunst erforscht und geübt werden.
Qin Na als Mittel des Kampfes
Das chinesische Qin Na System beinhaltet nicht nur Greif-Techniken, sondern auch Methoden des Pressens,
Drückens und Schlagens. Während die Grif-Ttechniken primär das Kontrollieren und Blockieren der Gelenke
und Muskeln des Gegners beinhalten, zielen im Qin Na Techniken des Pressens bzw. Schlagens auf das
Betäuben bzw. Lähmen von Händen, Armen und Beinen oder greifen auch physiologische Funktionen wie
beispielsweise die Atmung und das Kreislaufsystem an. Dabei konzentrieren sich Qin Na Schlagtechniken
hauptsächlich auf den Angriff jener Energiepunkte, die aus der Traditionellen Chinesischen Medizin
bekannt sind. Dahiner steht die Theorie, dass die Einwirkung von Kraft auf bekannte Energiepunkte das
Strömen des Qi beeinflusst, so dass ein gezielter Schlag zu einer Störung dessen führt, Schmerz,
Taubheit, Lähmung, Ohnmacht bis hin zum Tod eintreten kann.
Hat man es mit einem einzelnen
Gegner zu tun, sind Ergreifen und Kontrollieren von Vorteil. Im Kampf mit mehreren Gegnern werden Qin Na
Techniken eingesetzt, um durch das Beifügen von Verletzungen (Gelenk- und Knochenbruch, Bänderdurchriss
etc.) die in der Überzahl vorhandenen Angreifer schnell kampfunfähig zu machen. Allerdings ist hier die
Kontaktzeit auch bei sehr zügiger Ausführung der Qi Na Technik höher, als beim Einsatz von Schlägen mit
den Fäusten oder Füßen. Daher wird die Anwendung von Qin Na-Techniken in tumultartigen Situationen
(Massenschlägereien oder Verteidigungssituation gegen mehrere Angreifer) in der Regel nicht empfohlen.
Qin Na ermöglicht das sanfte Abwehren eines Angriffs
Ein wesentlicher Vorteil beim Einsatz von Qin Na Grifftechniken gegenüber Schlagtechniken besteht darin, dass ein Angreifer abgewehrt und kontrolliert werden kann, ohne ihn zu verletzen. Beim Einsatz von Schlägen zur Verteidigung ist hingegen die Gefahr groß, den Angreifer stark zu verletzen, da die Wirkung eines Schlages schwer kontrollierbar ist, wenn man sich in einer wirklich bedrohlichen Situation befindet zbd vib daher eher kräftig zuschlägt, ohne die Schlagkraft zu dosieren. Beim Einsatz von Griff-Techniken im Qin Na ist es hingegen einfacher, die wirkenden Kräfte zu dosieren, indem die Bewegungsfreiheit des Gegners eingeschränkt wird, ohne ihm Verletzungen zuzufügen.
Lässt sich der Angreifer allerdings nicht durch einen schmerzhaften Griff kontrollieren, weil er z.B. hochgradig erregt ist oder/und unter Drogeneinfluss handelt und sich tiefer in die Kraftwirkung des angewandten Hebels hineinbewegt, anstatt aufzugeben, besteht die Gefahr ernsthafter Verletzungen an Gelenken, Muskeln und Knochen. Diese Gefahr ist beim Einsatz der Qi Na Techniken zu berücksichtigen.
Im Qin Na geht es um die Entwicklung einer präzisen Wahrnehmung des Körpers und deren Rückmeldung. In den
Übungen wird der Körper des Partners im engen Kontakt gegriffen, bewegt, gedreht, gezogen, geschoben.
Hierbei wird eine erhöhte Sensibilität für die Stellung der Gelenke, Spannung der Muskulatur etc.
erlangt. Bereits im Vorfeld der Ausbildung werden daher auch Elemente aus dem Qi Gong trainiert, um die
Fähigkeiten von Zupacken, Umwickeln, Verdrehen usw. zu erlangen.
Die Qin Na Methoden richten sich
speziell darauf, den Gegner durch Einsatz von Griffen und Hebeln zu demobilisieren, so dass daher häufig
der Gegner zu Boden gebracht wird (Takedown), um ihn dann dort zu fixieren und ihm die Möglichkeit zum
Weiterkämpfen zu nehmen. Dazu braucht es ein ausgesprägtes Gespür für Balance, Stabilität sowie Zentrum
und Verwurzelung im Boden. Das partnerweise Üben der Hebel dehnt die Muskeln, Bänder und Gelenke und
muss mit Sorgfalt und Rücksicht auf mögliche Verletzungen erfolgen. Allerdings sind kleinere
Verletzungen zumeist nicht gänzlich zu vermeiden.
Vorteile des Qin Na-Trainings
Die Auseinandersetzung mit Qin Na Kampftechniken bietet eine Vielzahl von positiven Optionen:
- Qin Na ermöglicht das sanfte Abwehren eines Angriffs
- Qin Na-Training lehrt ein genaues Verständis von Muskeln und Gelenken
- Qin Na-Training schult eine hochentwickelte Körperwahrnehmung
- Qin Na-Training entwickelt geistige Ausdauer und einen starken Willen
- Qin Na-Training lehrt ein genaues Verständnis von Qi
- Qin Na-Training fördert Balance, Stabilität, Zentrum und Wurzelung
- Qin Na-Training dehnt Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke
- Qin Na-Training lehrt Grundaspekte der TCM
Chin Na als System
Ein systematisches Qin Na-Training beinhaltet folgende Komponenten:
- Körperliches Grundlagen-Training
- Fortgeschrittenes Körperliches Aufbautraining
- Theoretische Grundlagenvermittlung
- Spezielles Qingong-Training für die Bedürfnisse des Qin Na-Praktikers
- Technisches Basistraining
- Fortgeschrittenes Technisches Training
- Heilpraktische Techniken
- Anwendungs-Training
Das körperliche Grundlagen-Training beinhaltet durch allgemeine Qi Gong Übungen die Sicherstellung, dass sich der Schüler einen normalen Gesundheitszustand aufweist. Im Aufbautraining geht es darum, spezielle Körperregionen zu kräftigen, die im Qin Na Training besonders beansprucht werden. Dies erfolgt durch Training mit Gewichten, Langstäben, Steinen etc. insbesondere zum Aufbau starker Handgelenke. Die Erarbeitung elementarer Stände, Griffe, Hebel und Fixierungen erfolgt im Basistraining. Im Anwendungstraining werden die Abwehrtechniken erlernt und geübt. Eine komplexere Stufe ist das Üben von Qin Na Techniken gegen einen Angreifer, der sich gegen die verwendete Verteidigung zu Wehr setzt. Im Fortgeschrittenen-Training werden weitere Abwehrvarianten geübt, ebenso spezielle Heiltechniken (Heil-Atmung, Massage, Akupressur) erlernt.
Qin Na als stilübergreifendes Element der Kampfkünste
Die Auseinandersetzung mit Qin Na Techniken ist für nahezu alle Kampfkünstler sinnvoll, insbesondere für jene, die sich mit den zahlreichen Varianten realistischer Selbstverteidigungmethoden befassen. Qin Na Techniken sind hervorragend geeignet zur Analyse und Integration in das eigene kämpferische System. Aus diesem Grunde bietet sich hier für die Vertreter aller Kung Fu Stile eine Chance des Austauschs, der Kooperation und Verständigung.
Quellen:
Al Arsenault "Chin Na in Ground Fighting"
Liang, Shou-Yu "The Art of San
Shou Kuai Jiao"
Dr. Yang Jwing-Ming "Analysis of Shaolin Chin Na"
Dr. Yang Jwing-Ming
"Comprehensive Applications of Shaolin Chin Na"